Hommage an Anna Kristine Iwersen (2020)

Ist es möglich die Biografie einer historischen heute unbekannten Person hinter Museumsobjekten in Form von Fragmenten zu erzählen, um eine Repräsentation für sie und ihr unternehmerisches Wirken zu (er)finden?

Um die Jahre 1836/37, einige Jahre vor Beginn der Frauenbewegung, waren die Möglichkeiten einer Frau eine gesellschaftliche Führungsrolle zu übernehmen (nahezu) nicht gegeben. Die Klöppelhändlerin Anna Kristine Iwersen aus Lögumkloster aus dem Gebiet Vestslesvig hat es geschafft,eine erfolgreiche Unternehmerin zu werden und sich der Frauenrolle des frühen 19. Jahrhunderts wiedersetzt. Ihr Schaffen und Wirken als Geschäftsfrau mache ich zum Gegenstand dieser Arbeit.

Frau Anna Kristine Iwersen war eine erfolgreiche Klöppelhändlerin. Als historische Quelle für diese Arbeit wurde das Aufkaufsbuch verwendet. Es gibt uns Auskunft darüber, bei welchen Klöpplerinnen Anna Kristine Iwersen ihre Klöppelwaren eingekauft hat. Es gibt den Klöpplerinnen, den Handwerkerinnen hinter den Klöppelwaren, eine Identität und eine Herkunft.

Frau Iwersen entwarf und entwickelte die Waren in ihren Mustern, sie suchte geeignete Klöpplerinnen und lehrte diese ihre Muster zu klöppeln. Sie gab den Klöpplerinnen ihre Aufträge und ließ diese die Arbeiten klöppeln. Sie kaufte ihnen die Ware ab. Sie begutachtete die Klöppelwaren und sortierte sie nach Qualität. Anschließend verkaufte sie die Arbeiten der Klöpplerinnen an den Klöppelkrämer. Die Arbeiten gelangten in den Handel und schließlich zum Kunden. Soweit die noch erhaltenden und bewahrten Arbeiten museal archiviert sind, sind diese in der Regel nur durch eine Notiz auf einer Karteikarte im Museumsschrank dem für den Besucher „leeren“ und gänzlich unbekannten Namen Anna Kristine Iwersen zugeordnet. Insoweit verortet die Kenntnis über die Identität und Herkunft der Klöpplerinnen hinter den Anna Kristene Iwersen zugeschriebenen Klöppelwaren auch Anna Kristine Iwersen selbst als Kauffrau in einem Netz der Handelsstrukturen, deren Muster sie als Kauffrau selbst festgelegt hat. Es gibt auch ihr eine Identität. Das interessiert mich.

Die Arbeiten Hommage an Anna Kristine Iwersen repräsentieren als Serie die Entwicklung dieses Handelsnetzes, während ihrer Wirkens- und Lebenszeit.

Der Klöppelgrund (das Maschenmuster) entspricht dem typischen Grund der Tonderner Spitze, mit dessen Technik die Handelsware der Frau Iwersen geklöppelt wurde. Die Formenschläge (Garnverdichtungen) bilden das Muster auf dem Tüllgrund und entsprechen den Herkunfts- und damit den Arbeitsorten der einzelnen Klöpplerinnen, die in ihrem Aufkaufsbuch und den Kirchenbüchern verzeichnet sind.

Jedes Klöppelmuster repräsentiert eine Karte von Anna Kristine Iwersens Handelsnetz zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt, welches durch ihr Wirken selbst entworfen wurde. So entwarf Frau Iwersen dieses Muster allein durch ihr Lebenswerk als Händlerin, wie sie in der Rolle als Händlerin die Muster der Klöpplerinnen entwarf. Indem ich das Handelsnetz in das Muster meiner Arbeit transferiert habe, mache ich es sichtbar.

Da Anna Kristine Iwersen zu einem Wendezeitpunkt der Vestslesvigen Klöppelindustrie wirkte, zeigt die Entwicklung ihres Handelsnetzes gleichzeitig den Rückgang des Klöppelhandwerks in diesem Gebiet, für welches Ihr Wirken exemplarisch war. Die Arbeit Hommage an Anna Kristine Iwersen ist Frau Anna Kristine Iwersen als Hommage gewidmet