Die Weber (2018)

Die Lochkarte wurde von Joseph-Marie Jacquard zur Steuerung des gleichnamigen Webstuhls im Jahre 1805 entwickelt. Eine Lochkarte ist ein Speichermedium, das aus einem Pappkarton besteht, in den Löcher gestanzt sind. Diese Löcher stellen eine Art Code dar. Kein Loch bedeutet keine Veränderung des vorhandenen Zustandes; ein Loch in der Lochkarte führt zur Veränderung der Maschinenfunktion. Das bedeutet für den Webstuhl: Trifft die Nadel auf den Pappkarton, folgt eine Fadenhebung, trifft sie auf ein Loch, folgt eine Fadensenkung und der Webstoff wird durchstochen. Das Muster meiner Lochkartenreihe repräsentiert den Text des naturalistischen Dramas „Die Weber" von Gerhardt Hauptmann. Es beschreibt als erstes Theaterstück eine ganze Bevölkerungsschicht, die Weber. Hauptmann thematisiert in seinem Drama, die schlesischen Weberaufstände von 1844, die erstmals eine Öffentlichkeit erreichten und somit erstmals die soziale Frage aufwarfen. Jede Lochkarte entspricht dabei einer Doppelseite des Dramas. Ein Loch bedeutet eine Veränderung, folglich steht es in meiner Arbeit für die Worte, die in Hauptmanns Text die Handlungen der Weber beschreiben, da ihr Handeln während der Weberaufstände zur Veränderung der sozialen Bedingungen führte. So zeigen die Lochkarten mit ihrem Muster aus Löchern und keinen Löchern die Struktur, das Muster des Dramas und stellen wie das Drama selbst ein Schauspiel dar. Somit verweist die Arbeit sowohl auf die Herkunft der Lochkarte als mechanisches Speichermedium, das erstmalig im Handwerk für den Webstuhl benutzt wurde und zum anderen auf die Bedeutung der Handlungen der Weber in den Weberaufständen. Diese Bedeutung wird durch die Wahl des Mediums der Lochkarte, als historisch erster Datenträger, für die Darstellung dieser historischen Begebenheit unterstrichen. Verfolgt man die in heutigen Großkonzernen angebotene Kleidung und guckt sich die Textilproduktion in Fabriken wie z.B. Bangladesch an, stellt man fest, dass die Ursachen der Weberaufstände, der Kampf um gute soziale Bedingungen in der Textilbranche auch heute noch aktuell sind.